
bio
Anna Baranowski wurde 1983 in Bytom, Polen geboren. Heute lebt sie in einer kleinen Hütte in den Wäldern Ostdeutschlands und arbeitet zurückgezogen an ihrer Kunst. 2012 erhielt sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig das Diplom der Medienkunst mit Auszeichnung . Nach ihrem Studium nahm sie an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland, wie z.B. der Berlin Biennale „Forget Fear“ im Jahr 2012, teil. Sie erhielt Stipendien, wie das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds im Jahr 2018 und wurde in den letzten Jahren zu verschiedenen Künstlerresidenzen, wie z.B. des Greater Columbus Arts Councils in Columbus, USA, eingeladen, um neue künstlerische Arbeiten zu entwickeln. Als Bildende Künstlerin und Filmemacherin bearbeitet sie allgegenwärtige, existentielle Fragen des menschlichen Seins. Die Techniken variieren dabei zwischen Videoinstallation, Fotografie, Skulptur und Interventionen im medialen öffentlichen Raum. Immer wiederkehrendes Sujet ihrer Werke ist das Ringen zwischen Macht und Ohnmacht. Dabei betrachtet sie historische Hinterlassenschaften im gegenwärtigen Alltag und reflektiert kollektive psychologische Phänomene menschlichen Verhaltens. Als Inspirationsquelle für ihre Sozialstudien dienen ihr Beobachtungen des Menschen im massenmedialen Diskurs. Digitale soziale Netzwerke öffnen ihr dabei Türen zu einst verschlossenen Welten.
Im Bereich des Experimental- und Dokumentarfilms richtet Anna Baranowski ihren Fokus auf Direct Cinema. Sie verwendet stets dokumentarisches Material in ihren Werken. Neben ihren eigenen, ins Detail komponierten filmischen Bildern, ist der Umgang mit Archivmaterial ein zentrales Element ihrer experimentellen Filme. Dabei nutzt sie unterschiedlichste Quellen, wie. z.B. Amateuraufnahmen, Aufnahmen der NASA oder des Militärs. Indem sie diese aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang nimmt, setzen ihre Werke neue Bedeutungen frei. Ihre kunstvollen Collagen irritieren und stehen konträr zu den naheliegenden Erwartungen und lösen genau deswegen inner Prozesse aus - der Betrachter wird auf sich selbst zurückgeworfen und mit den eigenen Gefühlen konfrontiert.
ausbildung
2012 Diplom der Medienkunst mit Auszeichnung / Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
2005 - 2012 Studium der Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in der Klasse für Mass Media Research und Kunst im öffentlichen medialen Raum bei Prof. Günther Selichar
stipendien / nominierungen / preise
2021 Nominierung für NEW POSITIONS, das Förderprogramm von Solo-Ausstellungen junger aufstrebender Künstler auf der ART COLOGNE. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Unterstützt durch das Land Nordrhein-Westfalen, der ART Cologne und realisiert durch den Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler.
Anna Baranowskis Werk " Monumental" wird in der Förderkoje der Galerie EIGEN + ART Berlin/Leipzig zu sehen sein.
2020 Artist in Residence in der "Off Season Residency" in Vlora, Albanien (Goethe-Institut Bukarest, AFCN - Administration of the National Cultural Fund Romania, Goethe-Zentrum Tirana)
2018 Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds Bonn
2018 Aufenthaltsstipendium beim Greater Columbus Arts Council in Columbus/Ohio, gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
2018 Nominierung für den 3. PORTRAITS - Hellerau Photography Award
2016 Projektstipendium des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein / Förderung des Projektes „Altlast“
2016 Nominierung für den 6. Internationalen Marianne Brandt Preis
2016 Artist in Residence im OTTE 1 – Das Schleswig-Holsteinische Künstlerhaus in Eckernförde
2015 Projektstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen / Förderung der Produktion einer Künstlermonographie
2014 Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
2008 1. Platz beim Studienpreis des Freundeskreises der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
sammlungen
2018 Sammlung des Thüringer Landesmuseums Heidecksburg
2013 Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunstfonds
aktuelle ausstellungen
Anders - Ästhetik der Differenz
04.07. bis 27.09.2020 / Eröffnung: Freitag, 03.07. 2020 16-20h
Neue Galerie für Zeitgenössische Kunst - Gera
Häselburg
Burgstraße 12
07545 Gera
/ Tel: +49 (0) 365 55 24 68 44 / Öffnungszeiten Di, Mi, Fr-So 13-17h, Do 15-19h
Kuratiert von Alejandro Perdomo Daniels
Der Begriff ‚Anderssein’ kennzeichnet sich durch seine Perspektivität. Er gründet auf dem Standpunkt des Sprechenden bzw. Wahrnehmenden. Anstatt Aufschluss über eine empirisch feststellbare Realität zu geben, deutet er auf Wahrnehmungs- und Denkmodelle hin, die imstande sind, die Realität in Kategorien zu zerlegen. Kategorien, die sich entlang von Denkkonstruktionen wie Zentrum-Peripherie, Normalität-Abnormalität, Identität-Alterität, Gesundheit-Krankheit, Kultur-Subkultur entfalten. Die Dualität, die diesen Konstruktionen zugrunde liegt, charakterisiert sich ihrerseits durch eine konstitutive Asymmetrie: Während ein Pol als normativ und maßgebend gilt, stellt der andere seine mangelhafte Abweichung dar.
Dass darin Beziehungen von Privileg und Macht im Spiel sind, erweist sich als offensichtlich. Denn der Standpunkt, von dem aus Differenzen ausgemacht werden, ist in der Kultur eingebettet, die ihn ermöglicht. Und Kultur ist von Menschen erschaffen. So hängt die Vorstellung von Abweichung mit den Interessen der Gruppe zusammen, die eine privilegierte, vorherrschende Stellung im gesellschaftlichen Gefüge innehat: die Mehrheitsgesellschaft, die sich als normativ, normal, zentral, gesund, einheitlich und selbstidentisch sieht und die ihre Sicht durch Sprache, Wissenschaft und Kunst reproduziert. Der Topos des ‚Anderen’ spielt in der Konstruktion dieses Selbstbildes eine wichtige Rolle als Selbstvergewisserung. Der Andere ist somit eine Funktion des Selbst, durch die Machtordnungen zementiert werden, die Privilegien sichern: Sind Frauen das andere Geschlecht? Ist die Besonderheit der Hautfarbe von Menschen mit Albinismus ein Defekt? Sind psychische Auffälligkeiten Krankheiten? Sind Obdachlose die Versager der Gesellschaft? Sind Migranten minderwertige Fremde? Sind Queer-Personen die Verformung der Geschlechtsidentität und der Heterosexualität? Ist Subkultur die Negation von Kultur?
Diese Fragen offenbaren, dass der ‚Andere’ die Konstruktion eines Selbst ist, das sich zum universalen Ordnungsprinzip erklärt und dementsprechend die Eigenheit seiner Existenz durch den Fokus auf Differenzen übersieht. Ein Selbst, das sich als relativer Standpunkt gänzlich ausnimmt. Dass Künstlerinnen und Künstler als handelnde Individuen auf damit zusammenhängende Sachverhalte Bezug nehmen und das Anderssein thematisieren, ist ein kunsthistorischer Fakt. Dabei sind die Herangehensweisen und Perspektiven, die solche Auseinandersetzungen kennzeichnen, sehr unterschiedlich. Dies zeigt sich sowohl in den Ausdrucksformen jener Künstlerinnen und Künstler als auch in den Inhalten, die sie behandeln. Zudem divergieren die Anliegen solcher Positionen beträchtlich voneinander: Während einige Positionen eine gesellschaftskritische Haltung einnehmen, setzen sich andere für eine angemessene Repräsentation ein oder vollführen Akte der Selbstermächtigung. Andere Positionen wiederum tasten sich in den Bereich hinein, ohne Anspruch auf eine Programmatik zu erheben, doch mit dem Bedürfnis, ihrem subjektiven Empfinden Ausdruck zu verleihen.
Die Ausstellung Anders – Ästhetik der Differenz präsentiert eine fokussierte Auswahl sowohl regionaler wie überregionaler Künstlerinnen und Künstler, die sich mit dem Themenspektrum des Andersseins beschäftigen oder darüber reflektieren. Der Schwerpunkt liegt somit nicht auf der Bestimmung der typologischen Merkmale, die die visuelle Kunst in der Gegenwart aufweist, sondern darauf, die Besonderheit einer Thematik greifbar zu machen. Eine Thematik, deren Bedeutung im Kontext der kulturpolitischen Auseinandersetzungen der Zeit immer dringender erscheint. Diese Hürde nehmend, erörtern elf eingeladene Positionen die Besonderheiten, Komplexitäten und Widersprüche des Andersseins. Es sind Arts of the Working Class (Kollektiv: Berlin), Anna Baranowski (Leipzig), Benedikt Braun (Weimar), Gino Dambrowski (Gera), Luisa Eugeni (Perugia), Gustavo Lacerda (São Paulo), Susann Maria Hempel (Greiz), Rana Matloub (Erfurt), Claudia Rößger (Leipzig), Tejal Shah (Mumbai), Oskar Zaumseil (Greiz).
KUNST(RE_PUBLIC)
Eine Ausstellung in Zeiten der suspendierten Öffentlichkeit
Ab 1. Mai bis 30. August 2020
HALLE 14 - Zentrum für zeitgenössische Kunst Leipziger Baumwollspinnerei
Spinnereistr. 7
04179 Leipzig
officeØhalle14.org / T: +49 341 492 42 02 / Öffnungszeiten: Di-Sa, 11-18 Uhr Barrierefreier Zugang
Eröffnung: Freitag, 1. Mai 2020,
15 Uhr online auf Facebook und Instagram
VORSPIEL/PRELUDE: ARCU&OHM, Ya-Wen Fu, Sebastian Gögel, Angelika Rochhausen, Johannes Rochhausen
AUS DER SAMMLUNG / FROM THE COLLECTION: Sven Bergelt, Jens Besser, Nori Blume, Nadja Buttendorf, Yvon Chabrowski, Lutz Dammbeck, Eckehard Fuchs, Rainer Görß, Janet Grau, Falk Haberkorn, Harry Hachmeister, Mark Hamilton, Lena Rosa Händle, , Andreas Hildebrandt, Margret Hoppe, Britta Jonas, Susanne Keichel, Anja Kempe, Dirk Lange, Nora Mesaros, Dominik Meyer, Bruno Raetsch, Martin Reich, Evelyn Richter, Ute Richter, Daniel Rode, Ricarda Roggan, Luise Schröder & Anna Baranowski, Matti Schulz, Tilo Schulz, André Schulze, Gundula Schulze Eldowy, VIP, Ya-Wen Fu, Christoph Wetzel, Katrin Winkler, Tobias Zielony
Kunst ist für alle da. Ja! Nichtsdestotrotz besteht zwischen Kunst und Öffentlichkeit ein Spannungsverhältnis. Der Wert und die Originalität von Kunstwerken haben eine Kultur der Sorgfalt hervorgebracht, so dass Werke nicht ohne weiteres geliehen und genutzt werden können. In Ausstellungen gilt in der Regel ein Berührungsverbot. Die Werke sollen schließlich nicht nur für die Gegenwart, sondern auch zukünftige Generationen zur Verfügung stehen. Häufig bedarf es eines speziellen Vorwissens, um sich die Werke erschließen zu können. Der Kunstgenuss in der Gruppe ist üblich, aber nicht in jedem Fall förderlich. Manche Werke offenbaren sich erst im intimen Zwiegespräch. Die sich aus diesen Spannungsverhältnissen ergebenden Zugänge zur Kunst sind Anlass zahlreicher Debatten – und das nicht erst heute.
Nichtsdestotrotz: Kunst ist für alle da! Das 19. Jahrhundert gründete Museen und Kunstvereine. Im 20. Jahrhundert erfand die reformpädagogische Bewegung die Museumspädagogik, um neue Zielgruppen anzusprechen. In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts erneuerte ein staatlich geförderter Museumsboom das Ideal einer Kultur für alle. In der DDR sicherte ein Auftragssystem die Produktion von Bildern, die den sozialistischen Ideen einer volksnahen und erzieherischen Kunst entsprachen. Einen freien Kunstmarkt gab es nicht. Heute erneuern Digitalisierung und Netzkunst das Versprechen auf Zugänglichkeit und auch Produktion von Kunst durch alle.
Anlässlich der 10. Ausgabe der alljährlichen Ankaufsausstellung der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen »WIN/WIN« nimmt das Projekt »KUNST(re_public)« die Sammlung des Kunstfonds der Staatlichen Kunstsammlung Dresden in den Blick. Hier werden die Kunstwerke gesammelt und erforscht, die der Freistaat Sachsen seit 1992 jährlich von Künstlerinnen und Künstlern ankauft. Seit 2005 führt die sächsische Kulturstiftung diesen Ankauf durch. Über die Ankäufe entscheidet ein unabhängiger Fachbeirat. Mehr als 1000 Werke gelangten so in den vergangenen 30 Jahren in die Sammlung des Kunstfonds. Nach den vorher wechselnden Präsentationen an verschiedenen Orten in Sachsen werden die Ankäufe seit 2011 nun unmittelbar nach der Jurysitzung in der Ausstellungsreihe »WIN/WIN« der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel des Projektes »KUNST(re_public)« ist anhand von Werken aus dieser Sammlung exemplarisch das aktuelle Verhältnis von Kunst und Öffentlichkeit auszuloten.
Dieses Projekt wurde geplant, bevor die Auswirkungen für das öffentliche Leben durch die weltweite Verbreitung des neuartigen Coronavirus auch nur denkbar waren. Niemand hätte noch vor kurzem den fast vollständigen Stillstand der Öffentlichkeit – und zwar weltweit – für möglich gehalten. Nun gilt es, unter den neuen Bedingungen das Verhältnis unserer Kunstinstitution zur Öffentlichkeit neu zu erfinden – immer mit der Perspektive, dass die Einschränkungen nicht nur reduziert, sondern auch wieder verstärkt werden könnten. Große Eröffnungen und Spinnerei-Rundgänge wird es wohl auf absehbare Zeit nicht geben. Wie Veranstaltungen, Schulprojekte und Kurse stattfinden können, gilt es noch zu entwickeln. Das Projekt startet zum planmäßigen Termin am 1. Mai 2020, 15 Jahre nach dem ersten großen Rundgang auf der Spinnerei, virtuell auf unseren Online-Plattformen. Wir stellen Werke der Sammlung vor und Menschen, die mit ihr in Verbindung stehen. Das Team der HALLE 14 hat während des Lockdowns eine Auswahl von Werken aus dem Kunstfonds zusammengestellt. Können Computerprogramme in Zukunft hilfreich sein, Ausstellungen zu entwickeln und Sammlungen öffentlicher zu machen? Der Künstler Tillmann Ohm hat den künstlichen Kurator ArCu entwickelt, der ebenfalls eine Auswahl an Werken aus den Ankäufen seit 2011 getroffen hat. Diese Auswahl wollen wir nun mit unserem Publikum diskutieren – erst online, später auch hier vor Ort.
